NBBL/JBBL Top-4 Preview

Marius
16 min readMay 16, 2022

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NBBL Top-4

  • Ratiopharm Ulm vs. ALBA Berlin
  • Bayern München vs. Young Rasta Dragons

ALBA Berlin

ALBA Berlins Top-4-Teilnahme war zu keinem Zeitpunkt in Gefahr: 18 Spiele, 18 Siege. Zumeist waren die Hauptstädter in der Hauptrunde Nord unterfordert. 13-Mal gewannen sie mit mehr als 20 Punkten und konnten dabei ihre besten Spieler oftmals schonen. Gegen das andere Top-4 Team aus der Nordgruppe, die Young Rasta Dragons, gewannen sie sowohl daheim als auch auswärts mit satten 40 Punkten. Beim Top-4 gehören sie folgerichtig zu den Titelfavoriten.

Angeführt wird ALBA von dem Big-Duo aus Christoph Tilly (2,11 m) und Rikus Schulte (2,06 m), die beide beim Kooperationspartner LOK Bernau in der ProB schon eine große Rolle einnehmen, letztes Jahr zur U18-Nationalmannschaft gehörten, und bereits ihr BBL-Debüt geben durften. Der agile Tilly kann jederzeit gegnerische Bigs aus dem Dribbling attackieren und hat ungemeines Fingerspitzengefühl für Floater, Hook Shots und Touch Shots aus der kurzen Mitteldistanz. Zudem zeigt er beim Zug zum Korb eine beeindruckende Spielübersicht für seine Größe. Schulte besticht mit exzellenter Fußarbeit im Post und kann mit seinem Dreipunktewurf das Feld breit machen. Gemeinsam werden sie Gegnern, mit ihrer Größe und ihren Skills am Ball, Probleme bereiten.

Auch dahinter ist ALBA breit aufgestellt. Nils Machowski, Sohn von Ex-Nationalspieler Sebastian, kann regelmäßig Würfe kreieren und beeindruckt mit seinem Distanzwurf. Beim „Adidas Next Generation“-Turnier in Ljubljana erzielte er im Durchschnitt 15,2 Punkte, 2,5 Assists und traf acht seiner 23 Versuche von der Dreierlinie. Elias Rapieque bringt athletische Drives auf dem Flügel, Gian Aydinoglu leitet das Spiel, und mit dem großen Guard Tjark Lademacher (U18) und Center Linus Ruf (U16) stehen noch zwei weitere letztjährige Juniorennationalspieler im Kader. ALBA wird zum zehnten Mal beim Top-4 vertreten sein, ein NBBL-Rekord. Gelingt auch der vierte Titel?

FC Bayern München Basketball

Bayerns Qualifikation für das Top-4 kommt zumindest ein wenig überraschend, denn für die Zweitrundenbegegnung mit dem bitteren Rivalen IBAM hatte Bayern gefühlt mehr verletzte als gesunde Spieler. Doch auch mit großen Verletzungsproblemen konnte sich die Mannschaft von Kheeryoung Rhee auf mehrere Spieler von Nationalmannschaftskaliber stützen. So gelangen gegen IBAM zwei knappe, hart umkämpfte Siege. Auch beim Top-4 gehören die Bayern sicherlich zu den Sieganwärtern, aber ihre Chancen sind auch davon abhängig, wie viele ihrer Verletzen bis zum Finalwochenende wieder in Form kommen.

Während der Playoffs konnten sie sich vor allem auf ein Quintett verlassen. Guard Sebastian Hartmann überzeugt als Spielmacher, Scorer und verlässlicher Dreierschütze. Forward Luis Wulff gehört zu den besten Schützen im deutschen Jugendbasketball. Der serbische Guard Aleksa Vucetic hat eine außergewöhnliche Spielübersicht und schwingt regelmäßig beeindruckende Pässe über das ganze Spielfeld. Scharfschütze Amar Licina konnte in der letzten Saisonhälfte regelmäßig wichtige Akzente setzen. Zuletzt zu erwähnen ist U20-Nationalspieler Maxwell Temoka, Bayerns Pendant zu Kyle Hines. Trotz 1,98 m Körpergröße spielt Temoka bei Bayern die 5. Er ist kein großer Scorer, aber er verteidigt mehrere Positionen, beschützt den Ring — in Spiel 1 gegen IBAM hatte er mehrere höchstbeindruckende „Verticality Plays“ gegen IBAM-Superstar Benjamin Schröder — und arbeitet am Brett. Dazu kehrten Daniel Helterhoff, U18-Nationalspieler und eine große Präsenz unter dem Korb, und Lenny Anigbata, ein hochtalentierter Forward, nach Verletzung zuletzt wieder in den Kader zurück.

Auf wen sie im Top-4 sonst setzen können, steht allerdings noch in den Sternen. Forward Christian Skladanowski, der im Kader für den nächsten Lehrgang der U18-Nationalmannschaft steht, fällt seit Monaten aus. Auch die Einsätze von Martin Kalu und Ivan Kharchenkov würden den Bayern guttun. Kalu gehört zu den talentiertesten Spielern Europas. Der dynamische Scorer, der sowohl beim Distanzwurf als auch beim Zug zum Korb glänzt — Highlights von Kalus 360-Dunks machten schon in der JBBL die Runde –, legte beim U16 Challenger überragende 27 Punkte pro Spiel auf. Kharchenkov gehört noch zur jüngeren Garde — beim Ramūnas Šiškauskas-Cup 2021 produzierte er für die deutsche U15-Nationalmannschaft über 18 Punkte, 4 Steals und fast 10 Freiwurfversuche pro Spiel -, aber mit ihm hätte das Team einen weiteren Spieler, der Würfe kreieren und verwandeln kann.

Ratiopharm Ulm

Ulm hatte den wohl schwierigsten Weg in das Top-4. Starten mussten die Ulmer in der Hauptrunde B, aber der Aufstieg und die Qualifikation für die Playoffs gelangen relativ problemlos: 13 Siege und nur eine Niederlage. In der ersten Playoffrunde eliminierten sie die topgesetzten Ludwigsburger dank eines überragenden ersten Spiels. Juniorennationalspieler Michael Rataj spielte das Spiel seines Lebens mit 33 Punkte, 4–7 Dreiern, 13 Rebounds, 5 Steals und 3 Blocks. Auch beim Top-4 wird Rataj einer der Protagonisten für Ulm sein. Der 18-Jährige kann mehrere Positionen verteidigen, als „Help Defender“ am Korb das Spiel beeinflussen, den Korb effektiv attackieren und hat auch seinen Wurf deutlich verbessert (von 22,1% 3P letzte ProB-Saison auf 29,3% in NBBL/Regionalliga/ProB diese Saison). Ab nächster Saison wird der vielseitige Forward für Oregon State auflaufen.

Unterstützt wird er vom dänischen Guard Tobias Jensen, der im Pick-and-Roll kreieren kann und 39,4% seiner Dreier bei fast fünf Versuchen pro Spiel trifft (Stand: 7. Mai). Jacob Ensminger, Sohn des zweifachen deutschen Meisters Chris, leitet das Spiel für Ulm und hat als großer Guard auch regelmäßig einen Einfluss am Brett. Auch er wird im Sommer in die USA wechseln und nächste Saison für Santa Clara University in Kalifornien auflaufen. Des Weiteren kann der österreichische Juniorennationalspieler David Fuchs als großer Forward effizient am Korb abschließen und auch regelmäßig Dreier einstreuen.

Die Liste von talentierten Spielern im Ulmer Kader endet dort längst nicht. Flügelspieler Lenny Liedtke steht im vorläufigen Kader der U18-Nationalmannschaft und der schnelle französische Guard Marc-Antoine Loemba kann Gegnern jederzeit Probleme bereiten. Zudem wird Center Antonio Dorn im Halbfinale gegen Rikus Schulte und Christoph Tilly von ALBA Berlin von großer Wichtigkeit sein. Auch wenn Ulm als einziges Top-4 Team in der Hauptrunde B startete, sind sie keineswegs ein Außenseiter. An einem guten Tag können sie jeden schlagen.

Young Rasta Dragons

Die Young Rasta Dragons sicherten sich das zweite Ticket aus der nordischen Hauptrunde. Auch wenn die Leistungen des Teams nicht immer so gut waren, wie man es sich bei ihrem starken Individualtalent erhofft hätte, war die Mannschaft zum wichtigsten Zeitpunkt zur Stelle und besiegte Paderborn im Viertelfinale sogar ohne Teile ihrer Nationalspieler. So fehlte der hochtalentierte Justin Onyejiaka in beiden Spielen. Der Shooting Guard, der beim Zug zum Korb brilliert, regelmäßig schöne Pässe aus dem Ärmel schüttelt und auch immer mal wieder gute Phasen von hinter der Dreierlinie hat, ist die erste offensive Option der Dragons, und es wäre immens wichtig, dass er beim Top-4 auflaufen kann und ein gutes Wochenende hat. Schon beim „Adidas Next Generation Turnier“, wo er für das „Next Generation Select Team“ von Vassilis Spanoulis auflaufen hätte dürfen, musste er (vermutlich verletzungsbedingt) von der Bank aus zuschauen.

Kilian Brockhoff, der zweite letztjährige U18-Nationalspieler im Kader der Dragons, konnte dagegen beim ANGT Ljubljana für das Team von Spanoulis auflaufen. Der große Forward kann am Korb scoren, vom Perimeter attackieren und bereitet Freude als experimentierfreudiger Passgeber. Auch wenn sein Dreipunktewurf diese Saison nicht fallen will, macht die schöne Wurfbewegung und die solide Freiwurfquote Hoffnung, dass dieser irgendwann reingehen wird, vielleicht schon beim Top-4. Mit Center Johann Grünloh, der eine starke Saison spielt und sich schon sein ProA-Debüt verdiente, steht noch ein weiterer Nationalspieler im Kader. Grünloh dominiert unter dem Korb — in einem Regionalligaspiel gelangen ihm sogar neun Blocks — und trifft sogar den ein oder anderen Dreier.

Des Weiteren können sich die Dragons verlasen auf den vielseitigen Forward Noah Jänen, Distanzschütze Jegor Cymbal, der im entscheidenden Spiel 2 der Viertelfinalserie gegen Paderborn 26 Punkte und 6–13 von der Dreierlinie auflegte, und auf den litauischen Flügelspieler Emilijus Peleda. Beim Top-4 gehen die Dragons als klarer Außenseiter ins Rennen — die beiden Vergleiche mit ALBA Berlin gingen schließlich mit jeweils 40 Punkten Differenz verloren -, aber dennoch handelt es sich um ein sehr talentiertes Team, welches in Bestbesetzung den Favoriten durchaus Paroli bieten könnte.

Geschichten der Saison

Benjamin Schröder

Die Internationale Basketball Akademie aus München wird beim Top-4 fehlen. Somit wird auch Benjamin Schröder, potenziell der beste Spieler der NBBL, in Frankfurt nicht auflaufen. Der überragende Scorer hatte zwar zeitweise mit Verletzungen zu kämpfen, aber wenn er fit war, war er nicht aufzuhalten. Schröder beendete die Saison mit 26,8 Punkten, 7,5 Rebounds und 3,8 Assists pro Spiel. Dabei dominierte er mit seinem physischen Spielstil beim Zug zum Korb und zog unzählige Freiwürfe, weil keiner ihn stoppen konnte. In der Viertelfinalserie gegen Bayern konnte er IBAM zwar nicht zum Sieg führen, aber sein Talent ist dennoch unbestreitbar.

Im ersten Playoffspiel gegen das Team Urspring widmeten ihm die Zuschauer beim Stand von 85:85 „Overrated“-Rufe. Solchem Druck kann nicht jeder standhalten, doch Schröder blüht in solchen Situationen auf. Er erzielte sechs von IBAMs letzten neun Punkten, führte sein Team zu einem knappen, aber wichtigen Auswärtssieg, und widmete den Heimfans eine „Shush“-Geste. Junge Spieler, die aus Europa an ein amerikanisches College wechseln, sind oftmals überrascht, wie sehr „Trash Talk“ dort zur Basketballkultur gehört. Für Schröder wird das keine Umstellung sein. Ganz im Gegenteil: Der 18-Jährige, der nächste Saison für die Oklahoma Sooners auflaufen wird, wird sich in diesem Umfeld wohlfühlen. Er hat den Skill und die Einstellung, um sich dort zu einem Star zu entwickeln.

Adrian Petkovic

Petkovic gehörte zu den Offenbarungen der NBBL-Saison. Der 17-Jährige spielte eine dominante offensive Saison und führte Paderborn bis ins Viertelfinale. 11-Mal erzielte der Guard über 25 Punkte, darunter 42 PKT / 8 AST in einem Aufeinandertreffen mit den Young Rasta Dragons und 36 PKT / 8 AST gegen ALBA Berlin. Petkovic überragte mit seinem Wurf aus dem Dribbling, den er sich konstant kreieren konnte. In 18 NBBL-Spielen traf er 59 Dreier (41,8% Quote), darunter viele von weit hinter der Dreierlinie, und verwandelte zudem 92% seiner Freiwürfe.

Desweitern zeigte Petkovic seine Qualitäten in Transition und als Spielmacher. In Transition legt er ein hohes Tempo vor und konnte sich somit Würfe am Korb erarbeiten, wo er mit beiden Händen abschließen kann. Als Spielmacher fehlt ihm zwar die Größe, um gewisse Passfenster zu sehen, aber er konnte seine Teamkollegen dennoch regelmäßig mit sehenswerten Pässen, vor allem aus dem Pick-and-Roll bedienen. Mit seinen Leistungen verdiente er sich eine Einladung zum Lehrgang der U18-Nationalmannschaft und Spielzeit in Paderborns ProA-Mannschaft, wo er in Zukunft sicherlich noch eine größere Rolle einnehmen wird.

Ludwigsburg

Nachdem sie die Hauptrunde A Süd gewonnen hatten, hätte Ludwigsburg sich das Saisonende sicher anders vorgestellt. Doch obwohl in der ersten Runde der Playoffs Schluss war, machte ein Ludwigsburger Trio während der Saison auf sich aufmerksam:

Einer davon ist Emmanuel Ugbo. Geboren in Italien mit nigerianischen Wurzeln, aufgewachsen in den Niederlanden, die er in Zukunft international vertreten möchte, landete der physische Forward 2020 in Ludwigsburg. Ugbo spielte diese Saison viele starke Partien, erzielte zum Beispiel 25 oder mehr Punkte gegen IBAM, Bayern und Ulm, und überzeugte als athletischer Finisher und vielseitiger Verteidiger. Fällt dann noch der Distanzwurf, der bisweilen noch ein wenig inkonstant ist, gehört er zu den spannendsten Talenten der NBBL. Durch seine Leistungen verdiente sich der 19-Jährige schon Debüts in der BBL und der Basketball Champions League. Obwohl Ugbo schon zu den besseren Spielern der NBBL gehört, hat er noch viel Potenzial und kann sich langfristig zu einem erfolgreichen Profi entwickeln.

Auf dem Flügel hat sich Paul Minjoth zu einem der besten Distanzschützen des deutschen Jugendbasketballs entwickelt — Konkurrenz für diesen Titel machten ihm während der Saison, neben den zuvor erwähnten Petkovic, Wulff und Jensen, nur noch Ursprings Maximilian Langenfeld, Würzburgs Yulian Ramírez Montero und Münsters Paul Viefhues, die allesamt hervorragende Spielzeiten spielten. Coach David McCray entwickelte ein kreatives Playbook für den Scharfschützen, und Minjoth produzierte eine große Performance nach der anderen: Sieben Dreier gegen Jena, acht gegen Bayern, neun gegen Bamberg und zehn getroffene Dreier, davon drei innerhalb von 58 Sekunden, in einem Regionalligaspiel gegen den VfL Bensheim. Über die ganze Saison hinweg steht er bei 158–418 (37,8%) von der Dreierlinie bei knapp über 10 Versuchen pro Spiel, eine unfassbare Leistung. Bei einer Junioreneuropameisterschaft stand der 19-Jährige noch nicht auf dem Parkett, aber als Wurfspezialist sollte er in den nächsten beiden Sommern definitiv für die U20-Nationalmannschaft in Frage kommen.

Auf dem Zettel des DBB steht auch Forward Luis Nonfon, der für den 18-Mann Lehrgang der U18-Nationalmannschaft berufen wurde. Nonfon ist eine starke Präsenz am Brett und gehörte mit 4,5 Offensivrebounds pro Spiel zu den Spitzenreitern der NBBL. Obwohl er mit 1,96 m verhältnismäßig klein ist, konnte er mit seinem Positionsspiel unter dem Korb und seinem Einsatz regelmäßig größere Spieler am Brett ärgern. Auch mit selbstkreierten Drives setzte er regelmäßig Akzente. Mit seinem Einsatz und seinen Skills passt Nonfon auch ins System von BBL-Coach John Patrick, der ihm im März sein BBL-Debüt gab. Eine rundum gelungene Saison für den 18-Jährigen.

Team Urspring & Maximilian Langenfeld

Das Team Urspring zählt zu den Gewinnern der NBBL-Saison. Die Truppe von Coach Johannes Hübner startete in der Hauptrunde B und konnte diese schließlich gewinnen, obwohl sie zum allentscheidenden Spiel gegen den TS Jahn München antreten mussten, ohne davor trainiert zu haben. Doch auch eine Coronawelle konnte das talentierte Team, gespickt mit Juniorennationalspielern aus ganz Europa, nicht stoppen. Urspring gewann schlussendlich auch ihre Aufstiegsrunde, qualifizierte sich damit für die Hauptrunde A der Saison 22/23, und verdiente sich ein Playoff-Matchup mit IBAM.

Selbst gegen das Topteam aus der bayrischen Landeshauptstadt produzierte die Urspringer Offensive wie am Fließband. Über 80 Minuten machten sie den Favoriten das Leben schwer, auch wenn sie schließlich zweimal knapp geschlagen geben mussten. Angeführt wurde das Team Urspring von einem Duo: Jakob Hanzalek, der schon Erfahrung bei zwei Junioreneuropameisterschaften und drei „Adidas Next Generation“-Turnieren sammeln durfte, und Maximilian Langenfeld.

Letzterer war vor der Saison kein unbeschriebenes Blatt — er hatte letzte Saison schon in der ProA Akzente setzten können, aber diese Saison etablierte er sich als einer der besten Scorer der NBBL. Er beendete die Saison mit 23,5 Punkten pro Spiel und beeindruckte mit einem butterweichen Sprungwurf aus der Mitteldistanz (50% bei über 2 Versuchen pro Spiel) und von hinter der Dreierlinie (37% bei fast 7 Versuchen pro Spiel). Zudem brillierte der 1,98 m große Guard mit einigen krachenden Dunks. Mit diesem vielseitigen Scoringarsenal stehen Langenfelds Aussichten auf eine Profikarriere gut, und vielleicht kommt diesen (oder nächsten) Sommer auch noch die Krönung: eine Einladung in den deutschen Kader für die U20-EM.

JBBL Top-4

  • Metropol Young Stars vs. Ratiopharm Ulm
  • Eintracht Frankfurt / Fraport Skyliners vs. Rostock Seawolves

Eintracht Frankfurt / Fraport Skyliners

Frankfurt spielt eine dominante Saison. Seit einer Auftaktniederlage gegen Bamberg, haben die Hessen 21 Spiele in Serie gewonnen. In den Playoffs bezwangen sie das Team Urspring, Köln und ein starkes Team aus Karlsruhe in jeweils zwei Spielen. Frankfurt spielt strukturierten Teambasketball und verlässt sich nicht auf die individuellen Qualitäten ihrer Starspieler. Kein Frankfurter legt durchschnittlich mehr als 15 Punkte, mehr als 7 Rebounds oder mehr als 2,5 Assists auf, aber es tragen immer genug Spieler ihren Anteil bei, dass es am Ende zum Sieg reicht.

Namori Omog ist Frankfurts bester Scorer. Der schnelle Guard strahlt beim Zug zum Korb stets Gefahr aus und spielt regelmäßig eindrucksvolle Pässe aus dem Dribbling, vor allem beim Schnellangriff. Auch defensiv hat Omog seine Stärken: in Spiel zwei der Viertelfinalserie gegen Karlsruhe konnte er mehrfach im 1-gegen-1 wichtige „Stops“ erwirken. Neben ihm ist Ivan Crnjac zu erwähnen. Der Big-Man, der im Sommer wahrscheinlich für die U15-Nationalmannschaft auflaufen wird, kann effektiv unter dem Korb spielen, aber auch vom Perimeter attackieren, ab und zu einen Dreipunktewurf einstreuen und offene Teamkollegen aus dem Post anspielen.

Frankfurt stellt fünf weitere Spieler, die mehr als sieben Punkte pro Spiel beisteuern und zusätzlich die starke Verteidigung ergänzen — die Hessen hielten Gegner in 17 ihrer 22 Saisonspiele unter 60 Punkten, ein außergewöhnlicher Wert in einer Liga, in der es sonst viele Schnellangriffe gibt: Finley Prüver, Julius Messer, Noah Koch, Fynn Noll, Fabrice Heberer. Koch, Adoptivsohn des zweifachen BBL-”Coach of the Year” Stefan Koch, besticht dabei mit seiner Athletik, die er effektiv am offensiven Brett und beim Zug zum Korb einsetzt. Beim Top-4, an welchem sie zum vierten Mal teilnehmen, gehört Frankfurt zu den Anwärtern auf den Titel.

Metropol Young Stars

Bei den Metropol Young Stars handelt es sich um ein sehr ausgeglichenes Team, denn alle fünf Starter hatten einen großen Anteil am Einzug in das Top-4. Mit intelligentem Basketball haben sie sich diese Gelegenheit auch redlich verdient. Durch einen Sieg gegen Rostock in der Hauptrunde, konnten sie die Seawolves hinter sich lassen und vermieden somit das Playoff-Duell gegen ALBA Berlin. Stattdessen trafen sie auf Friedenau, Higherlevel Berlin und Oldenburg, die sie alle in zwei Spielen besiegen konnten, auch wenn Oldenburg bemerkenswerten Widerstand leistete.

Im Frontcourt wird das Team vertreten von Benedict Baumgarth und Fynn Lastring, zwei große Präsenzen unter dem Korb, die dazu noch oft als Passgeber am „Elbow“ eingesetzt werden. Das Duo kommt diese Saison durchschnittlich auf über 19 Rebounds und 5 Blocks pro Spiel. Ergänzt werden die beiden „Interior“-Spieler von Scharfschütze Jordan Connor Most, der jederzeit heiß laufen kann, und zudem im Pick-and-Roll und gegen Closeouts effektiv zum Korb kommt. Im zuvor erwähnten Spiel gegen Rostock erzielte er 35 Punkte mit 5–10 Dreiern und 10–10 Freiwürfen. In den Playoffs erzielte er einmal 34 Punkte (4–11 Dreier) gegen Higherlevel Berlin und 28 Punkte (6–10 Dreier) gegen Oldenburg. In den großen Spielen war Most stets zur Stelle.

Highlights von Jordan Connor Most (Metropol Young Stars) & Roy Krupnikas (Rostock Seawolves)

Im Backcourt, schließlich, spielen zwei wuselige, intelligente Guards, die einfach Spaß machen. Matthias Altekruse ist der Topscorer des Teams (18,7 Punkte von ihm, 18,5 von Most). Er trifft den Dreier solide, hat einen Floater in seinem Arsenal und verwertet regelmäßig ansehnliche Abschlüsse am Korb. Jonathan Fuest beeindruckt mit unzähligen Finten und starker Fußarbeit — teilweise spielt er wie die JBBL-Version von Jalen Brunson. Gegnerscouting wird in der JBBL wenig betrieben, aber wenn dies der Fall wäre, würde ganz oben stehen, wie gut und wie oft Altekruse und Fuest „Dribble Handoffs“ antäuschen und dadurch zum Korb kommen. Dies ist im Herrenbereich schon effektiv und im Jugendbereich umso mehr. In die Halbfinalbegegnung gegen die ungeschlagenen Ulmer gehen sie als Außenseiter, aber unterschätzen darf man diese Truppe keineswegs.

Ratiopharm Ulm

Ulm geht als klarer Favorit ins JBBL Top-4: 22 Spiele, 22 Siege. Eine makellose Bilanz. Sie gewannen ihre Spiele im Durchschnitt mit 30 Punkten Vorsprung und kein einziger Gegner kam näher als 13 Punkte an einen Erfolg gegen die Ulmer. Angeführt wird das Team von einem Trio: Zwei letztjährige U15-Nationalspieler in Eric Reibe und Joel Cwik, und einer, der laut DBB-Kaderliste ebenfalls im vorläufigen Aufgebot für die U16-Nationalmannschaft steht. Center Eric Reibe dominiert an beiden Enden in Korbnähe, kann Mitspieler mit akkuraten Pässe aus dem Post in Szene setzen und trifft regelmäßig Sprungwürfe aus der Mitteldistanz und von hinter der Dreierlinie.

Shooting Guard Joel Cwik überzeugt als athletischer Slasher. Unaufhaltbar auf dem Weg zum Korb, kommt der 16-Jährige aus fast neun erfolgreiche Zweipunktewürfe pro Spiel bei einer überragenden 69,1% Quote aus dem Zweierbereich. Im Backcourt wird er unterstützt von Jordan Müller, der sowohl als Scorer als auch als Spielmacher Fähigkeiten mitbringt. Auch defensiv zeigt Müller seine Spielübersicht, indem er, mit schnellen Händen und einem guten Auge für gegnerische Pässe, fast vier Steals pro Spiel einsammelt.

Neben diesem Trio tragen vier weitere Spieler eine zweistellige Anzahl an Punkten pro Spiel bei: Kjell Baumann, Barna Gergö Buglyo, Raphael Wantsis und Luca Max Sarnowska. Letzter überzeugte vor allem in der Viertelfinalserie gegen Bamberg, in welcher er durchschnittlich 15 Punkte und 9,5 Rebounds pro Spiel auflegte. Ulm hat Starpower und Rollenspieler, die die Rotation perfekt abrunden. Das richtige Rezept für einen potenziellen deutschen Meister.

Rostock Seawolves

Rostock qualifizierte sich als letztes Team für das Top-4 mit einem knappen Sieg in Spiel 3 gegen ALBA Berlin. Mit einer Gesamtbilanz von 21 Siegen und nur 2 Niederlagen haben sie sich dies auch verdient. Bei Rostock dreht sich vieles um Point Guard Roy Krupnikas. Der Deutsch-Litauer, der die Winterpause als Trainingsspieler bei Žalgiris Kaunas verbringen durfte, beendete die Saison mit herausragenden Durchschnitten von rund 35 Punkten, 7 Rebounds, 9 Assists und 4 Steals pro Spiel. Der produktivste Spieler der JBBL bot eine große Vorstellung nach der anderen: 55 Punkte, 10 Assists und 20 Steals beim Saisonauftakt, 61 Punkte, 12 Rebounds, 10 Assists und 7 Steals in Spiel 1 der Playoff-Serie gegen Bayreuth und 55 Punkte in Spiel 1 gegen ALBA Berlin. Dazu kamen insgesamt vier Triple-Doubles. Der kreative Guard kommt nach Belieben zum Korb (und demnach auch zur Freiwurflinie), trifft den Dreier relativ zuverlässig und beweist starke Spielübersicht. Es wird auch im Halbfinale einen Teameinsatz benötigen, um seinen Einfluss auf das Spiel zu limitieren.

Highlights von Roy Krupnikas (Rostock Seawolves) & Eric Reibe (Ratiopharm Ulm)

Unterstützt wird Krupnikas vor allem von einem Backcourt-Partner Mika Freitag, der im vorläufigen Kader für die U16-EM im Sommer steht. Er kann jederzeit von der Dreierlinie heiß laufen und Würfe aus dem Pick-and-Roll kreieren. Freitag beendete die Saison mit starken 21,8 Punkten und 3,5 Assists pro Spiel. Auch wenn die beiden Guards größtenteils das Spiel machen, waren Rostocks Rollenspieler zur richtigen Zeit zur Stelle: Carlo Schult legte in den beiden Siegen gegen ALBA insgesamt 21 Punkte und 18 Rebounds auf. Marino Quandt Sorribes produzierte in den letzten beiden Spielen der Serie jeweils Double-Doubles auf und traf im vierten Viertel des entscheidenden Spiel 3 zwei Dreier aus dem Pick-and-Pop. In jenem Spiel brillierte auch Vincent Hammerbeck, der mit fünf getroffenen Dreiern — darunter auch zwei im vierten Viertel — ein neues Career-High auflegte. In das Top-4 geht Rostock sicherlich als Außenseiter, aber diese Rolle hat ihn schon in der ALBA-Serie gut zu Gesicht gestanden.

Geschichten der Saison

PS Karlsruhe Lions

Karlsruhe gehört zu den herausragenden Mannschaften der Saison. Angeführt von Julis Baumer und Dominic Vengert, die laut Karlsruher Pressemitteilung im vorläufigen Kader für die U16-Europameisterschaft im Sommer stehen, setzten die Badener mit Siegen gegen Ludwigsburg, Crailsheim, Bayern und IBAM früh Zeichen, dass sie zu den stärkeren JBBL-Teams gehören. In den Playoffs bestätigten sie dies mit einem knappen Sieg über das Team Bonn/Rhöndorf um Riesentalente Janne Müller und Jervis Scheffs. Dabei gewannen sie Spiel 3 mit nur einem Punkt dank eines Putback-Layups von Baumer mit der Schlusssirene. Im Viertelfinale gegen Frankfurt ging ihnen offensiv zwar die Luft aus, aber das schmälert ihre Leistungen überhaupt nicht. Karlsruhe stellt in dieser Altersklasse eine großartige Mannschaft mit vielen fähigen Spielern.

Julis Baumer, ein großer Guard, überzeugte über die gesamte Saison mit seinem Zug zum Korb und seiner Spielübersicht, sowohl offensiv, wo er ein gutes Auge für Teamkollegen hat, als auch defensiv, wo er seine langen Arme ständig an gegnerische Pässe und Wurfversuche lenken konnte. Auch im 1-gegen-1 überzeugte er regelmäßig und konnte die Flügelspieler der JBBL erfolgreich verteidigen. Für den Award des besten Verteidigers der Liga sollte er zumindest in der engeren Auswahl stehen. Neben ihm brillierte Dominic Vengert mit Spielübersicht und einem verlässlichen Wurf, und steuerte zum Beispiel in der Bonn-Serie starke 16 Punkte und 5 Assists pro Spiel bei.

Highlights von Julis Baumer (Karlsruhe Lions — ab 1:30 im Video) & Roy Krupnikas (Rostock Seawolves)

Doch auch neben den beiden Nationalspielern findet sich in Karlsruhe viel Talent. Ahmet Ünal war immer eine solide Präsenz unter dem Korb, auf dem Flügel trug der athletische Bryan Kamdem, der in Warmups auch den ein oder anderen krachenden Dunk zeigte, seinen Anteil zu den Karlsruher Erfolgen bei, während Filip Nikolov und Fred Moysich von der Dreierlinie stets Gefahr ausstrahlten. Letzterer hatte einen großen Anteil am Sieg im dritten Spiel gegen Bonn mit 4 Dreiern und 12 Rebounds, davon drei offensiv — und diese Leistung am Brett bei „nur“ 1,74 m, laut JBBL-Webseite. Im Sommer müssen die Lions in die NBBL-Qualifikation. Ein Aufstieg in die oberste Klasse des deutschen Juniorenbasketballs hat höchste Priorität, denn die 2006/07-Jahrgänge haben es verdient, in Zukunft NBBL zu spielen.

Travis Davis

Ludwigsburgs Travis Davis mag nur 1,60 m sein, aber dafür ist seine Spielfähigkeit umso größer. Der Guard kombiniert Schnelligkeit mit einem kreativen Handle, wodurch er für gegnerische Verteidiger nicht zu halten ist. Auf dem Weg zum Korb brilliert er mit einem Floater, den er — und das ist im Jugendbasketball weltweit äußerst selten — mit beiden Händen abschließen kann, und regelmäßigen kreativen Abschlüssen. Davis war 2020 kein Teil der Landesauswahl Südwest, die am Bundesjugendlager teilnehmen durfte, aber es macht einfach Spaß, ihm beim Spielen zuzusehen. Er verdiente sich eine Erwähnung auch durch seine Leistungen in der JBBL.

Schon im Auftaktspiel brillierte er mit 46 Punkten bei einem Sieg über das Team Urspring, welches zwei U15-Nationalspieler in ihren Reihen hatte. Über den gesamten Saisonverlauf legte Davis 25 Punkte pro Spiel auf und führte Ludwigsburg schlussendlich in die Playoffs, wo sie sich mit einem starken Bamberg-Team um Juniorennationalspieler Jonas Zilinskas, den jüngsten BBL-Spieler aller Zeiten, Kristian Ortelli, und den vielseitigen Dejan Lukac duellieren durften. Ludwigsburg lieferte Bamberg einen harten Kampf, aber konnte zwei knappe Niederlagen schlussendlich nicht abwenden. Davis glänzte mit jeweils 40 Punkten in beiden Spielen, eine Meisterleistung gegen ein Team, welches es schlussendlich bis ins Viertelfinale schaffen sollte.

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